Freitag, 9. Oktober 2015

I'm very much impressed by the openness to the diversity of situations and cultures, the diversity that brings complexity

Erzbischof Joseph Edvard Kurtz, Erzbischof Carlos Osoro Sierra, Kardinal Luis
Antonio Tagle, Pressesprecher Federico Lombardi (v.l.; Bild: HolySeePress)
 
Diese Worte sagte Kardinal Luis Antonio Tagle, Erzbischof von Manila und Präsident von Caritas Internationalis, in einem Pressekonferenz-Statement am heutigen Tage der Vorstellung der ersten 13 Zwischenberichte der Kleingruppen zum 1. Teil des Intrumentum laboris. Er war bereits ein Jahr zuvor am Tage der Vorstellung des Aufsehen erregenden Zwischenberichts der III. Außerordentlichen Bischofssynode ebenfalls in einem Pressebriefing als Gesprächspartner für die Öffentlichkeit  ausersehen gewesen. Und dieses Mal wurde Kardinal Tagle, der bereits zum sechsten Mal an einer Bischofssynode teilnimmt und dessen Person als Mitglied der zehnköpfigen Redaktionskommission des Abschlussdokumentes der Synode besonderes Gewicht zukommt, begleitet durch den ebenfalls aus dem vergangenen Jahr bereits bekannten Vorsitzenden der amerikanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Joseph Edvard Kurtz (Louisville), der zugleich Berichterstatter der Kleingruppe 'Englisch A' ist, und dem Erzbischof von Madrid, Carlos Osoro Sierra.
Auf die Entstehungsgeschichte des aus vielen unterschiedlichen Versatzstücken verschiedenster Autoren und Experten entstandenen Vorbereitungsdokumentes 'Instrumentum laboris' wusste Kardinal Tagle als Redaktionsmitglied ebenfalls sachkundig einzugehen, als er auf den Eindruck der 'Konfusion' in manchen Teilen dieses Arbeitspapieres angesprochen wurde wie es heute vereinzelt auch in einigen kritischen Rückmeldungen, insbesondere etwa aus der englischsprachigen Kleingruppe D, hieß. Als ein 'Arbeitspapier' sei das Instrumentum laboris von vornherein (wie alle bisherigen Vorbereitungsdokumente der vorangegangenen Synoden) immer auch ein 'Martyrer-Dokument', das notwendig ein 'Skrutinium' durchlaufen müsse, gerade wenn es sich als Ausgangstext zu Beginn einer Synodenversammlung stelle   so dass seine kritische Begutachtung deshalb ausdrücklich erwünscht und willkommen sei.
 
Er sei sehr beeindruckt, wie es im Titel dieses Blog-Beitrag aus der Pressekonferenz im englischen Wortlaut zitiert ist, über die Offenheit, die in den Berichten der Kleingruppen zum Ausdruck gekommen ist, sich den verschiedenen Situationen und kulturellen Besonderheiten zu öffnen, die die Komplexität der Arbeit nolens volens erhöhe. Zugleich äußert er Verständnis, dass diese Komplexität auch hier und da Sorgen in Hinblick auf die Einheit und einheitliche Lehrmeinung in der katholischen Kirche aufkommen lasse. Den Wunsch vieler Rückmeldungen aus den Kleingruppen, die Botschaft von der Familie positiv zum Ausdruck zu bringen, bekräftigt er, indem er die Familie als Institution bezeichnet, die die Gesellschaft von Grund auf trage. Dass von der Synode deshalb nicht erwartet werden solle, die Lehre der Kirche zu ändern, sagte er in Bezug auf Papst Franziskus, der in einer ähnlichen Formulierung am Montag die Synodenberatungen eröffnet hatte. Kardinal Tagle:
We're affirming the teaching and we're discovering how the teaching of the church, of the bible, of Jesus Christ is really liberating and will give new live to families. So the focus of this synod is the pastoral care: How do we accompagny families which have been separted due to war, migration and poverty. So you have the doctrine, but how do you make the doctrine live in adressing to specific situations.“ (eigene Verschriftlichung)
Wir bejahen die Lehre und sind dabei zu entdecken, wie die Lehre der Kirche, der Bibel, von Jesus Christus, wirklich befreiend ist und den Familien neues Leben gibt. So ist der Fokus dieser Synode die pastorale Sorge: Wie begleiten wir Familien, die getrennt sind, bedingt durch Krieg, Migration oder Armut. So haben wir eine Lehre, müssen sie aber verlebendigen in Bezug auf die verschiedenen Situationen.“ (eigene Übersetzung)

Die vielen Stellungnahmen im Einzelnen zusammenzutragen, wird nun die Daueraufgabe der nächsten knapp zwei Wochen für die zehnköpfige Redaktionskommission sein: die veröffentlichten, inhaltlichen Rückmeldungen zu sichten, aber auch die konkreten Textänderungsanträge, die je nach Kleingruppe heute unterschiedlich 5 bis zu 65, einzeln abgestimmte Eingaben umfassten, einzuarbeiten. Währenddessen hat die Plenarsitzung schon am späten Vormittag mit 'freien Redebeiträgen' die Diskussion des zweiten Teils des Instrumentum laboris aufgenommen, so dass die Arbeit gewissermaßen ohne Pause fortgesetzt wird  eine Beschleunigung, die auch schon deshalb notwendig ist, weil das 'relatio finalis' genannte Abschlussdokument bereits am Donnerstag, den 22.10.2015 fertiggestellt sein soll, damit es von den Synodenvätern vor der Beschlussfassung und Übergabe an den Papst am Samstag, den 24.10.2015 noch gelesen, diskutiert und zur Abstimmung gebracht werden kann. Ob es das letztgültige Abschlussdokument der Synode sei oder aber dem Papst als Grundlage für ein nachsynodales Schreiben dienen werde, wagte Kardinal Tagle nicht einzuschätzen, weil die vorausgegangenen dreizehn Bischofssynoden jeweils unterschiedlich vorgegangen seien.

 
Unabhängig davon war eine andere Konsequenz schon heute aus den Stellungnahmen der Pressekonferenz wie den Berichten der Kleingruppen herauszuhören: dass den Teilkirchen und nationalen Bischofskonferenzen angesichts der skizzierten pastoralen Ausrichtung auf die vielen Situationen und kulturellen Besonderheiten im Einklang mit der auf der Synode in neuer Weise bekräftigten kirchlichen Lehre stärkere Bedeutung zukommen werde.